Prekariat

„Prekariat ist ein Begriff aus der Soziologie und definiert ’ungeschützte Arbeitende und Arbeitslose’ als eine neue soziale Gruppierung. Der Begriff selbst ist ein Neologismus, vom Adjektiv prekär (schwierig, misslich, bedenklich) analog zu Proletariat abgeleitet.“ (wikipedia 2009)

Unter „Prekarisierung“ (von prekär: unsicher, schwierig) versteht man die wachsende Zahl der bislang atypischen Beschäftigungsverhältnisse in der Erwerbsarbeit (geringere Sicherheit, niedriger Lohn, Teilzeit, wenig Kündigungsschutz) und die daraus resultierenden ökonomischen, sozialen und psychologischen Folgen.

Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung e. V. fühlen sich etwa acht Prozent der Bevölkerung „auf der Verliererseite und im gesellschaftlichen Abseits. (…) Gesellschaftsforscher bezeichnen diese Gruppe als neue Unterschicht oder als ‚abgehängtes Prekariat’“ (FES 2008). Die Distanz zu Parteien und PolitikerInnen ist hoch, und diese Menschen fühlen sich von bisherigen Reformen am stärksten benachteiligt. Die Demokratie wird nicht für die beste Regierungsform gehalten, und der Idee des Sozialismus steht diese Gruppe positiv gegenüber. Von GesellschaftsforscherInnen wird diese wachsende Gruppe in der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung als neue Unterschicht oder als „abgehängtes Prekariat“ bezeichnet. 20 Prozent der Ostdeutschen und vier Prozent der Westdeutschen zählen dazu.

In der Untersuchung heißt es über die „Gesellschaft im Reformprozess“: „Viele erleben den gesellschaftlichen Abstieg“. Die Gruppe werde von Männern dominiert und sei vor allem im ländlichen Raum in Ostdeutschland stark verankert. Zwei Drittel seien bereits einmal arbeitslos gewesen. Von allen untersuchten Gruppen gebe es beim „abgehängten Prekariat“ die größte finanzielle Unsicherheit mit einem geringen Nettoeinkommen, Schulden und wenig finanziellem Rückhalt. Die gesamte Lebenssituation würde als ausgesprochen prekär empfunden. Das favorisierte Gesellschaftsmodell dieser Gruppe sei ein stark regulierender Staat, der soziale Absicherung garantiert. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad sei überdurchschnittlich hoch. Bei der Bundestagswahl 2005 sei dort der NichtwählerInnen-Anteil am höchsten gewesen und von denen, die zur Wahl gegangen seien, hätten 26 Prozent für die Linkspartei und sechs Prozent für rechtsradikale Parteien votiert. Für die Rechten sei diese Gruppe inzwischen das größte Potenzial. Die SPD erzielte bei dieser Gruppe 32 Prozent, die Union 26 Prozent. (ebd.)

Die Friedrich-Ebert-Stiftung wies darauf hin, dass sie den Begriff der „Unterschicht“ in ihrer Studie nicht verwende. Angestoßen wurde die Debatte vom damaligen SPD-Chef Kurt Beck, der in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gesagt hatte, Deutschland habe ein zunehmendes Problem. Manche nennen es „Unterschichten-Problem“ (Rasche 2009)

Quellen:

Wikipedia (2009): Prekariat. http://de.wikipedia.org/wiki/Prekariat (14.02.09)

Rasche, Uta (2006): „Prekariat“ statt „Unterschicht“. http://www.faz.net (27.08.08)

FES (2008): „Gesellschaft im Reformprozess“. Die Friedrich-Ebert-Stiftung untersucht Reformbereitschaft der Deutschen. Pressemitteilung. http://www.fes.de (27.08.08)

Emely Glass
(Werkstatt "Armut in Berlin", WiSe 07/08 / SoSe 08)

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